Wenn die Berge wieder rufen - Orchideen 2024

In diesem Jahr war ich endlich wieder in den Bergen Österreichs unterwegs, um alpine Orchideen zu suchen und zu fotografieren. Nachdem ich das Steineralpen-Kohlröschen (Nigritella lithopolitanica) jahrelang lediglich in Büchern betrachtet hatte, wollte ich die Art in Kärnten endlich sehen. Ebenfalls auf meiner Reiseliste stand die Tauplitzalm in der Steiermark. Dort wollte ich dem Erzherzog-Johann-Kohlröschen (Nigritella archiducis-joannis), das ich bereits 2006 gesehen hatte, einen Besuch abstatten.


Mitten in der Nacht fuhr ich in Berlin los, denn ich wollte bereits morgens in Bayern sein und einen kurzen Stopp im Alpenvorland machen. Es sollte in die bekannte Pupplinger Au bei Wolfratshausen gehen, wo ich bereits mehrfach war. Hier wollte ich endlich gute Bilder der Spätblühenden Brand-Keuschorchis (Neotinea ustulata subsp. aestivalis) machen. Da ich die Standorte bereits aus vergangenen Jahren kannte, musste ich nicht lange suchen. Die meisten Pflanzen waren noch sehr stark knospig und erst wenig aufblühend, einige hingegen schon fotogen. Die lichten Kiefernwälder entlang der Isar sind sehr orchideenreich und ich konnte bereits erste Bilder von der Braunroten Stendelwurz (Epipactis atrorubens) und der Wohlriechenden Stendelwurz (Gymnadenia odoratissima) machen. Auf der Weiterfahrt nach Kärnten hielt ich noch mehrfach an, so auch in Osttirol am einzigen bekannten Standort des Wald-Glanzkrautes (Liparis nemoralis) in Österreich. Die Pflanzen waren aber schon weitestgehend verblüht und nicht gut zu fotografieren.

 

Nach meiner späten Ankunft in Bad Eisenkappel ging es am nächsten Morgen direkt über die Mautstraße hoch zur Eisenkappler Hütte, die auf 1.553 m Höhe liegt und der übliche Startpunkt für eine Wanderung auf den 2.139 m hohen Hochobir, dem höchsten Bergmassiv der Nord-Karawanken, ist. Bereits entlang der Auffahrt und rund um die Hütte kann man schon viele verschiedene Orchideenarten sehen. Ich wollte aber schnell zu den Kohlröschen und ließ mich nicht lange aufhalten. Nach einem steilen Aufstieg durch einen urigen Bergwald lichtete sich ab 1.650 m Höhe der Wald und die bunten Wiesen begannen. Bereits nach kurzer Wegstrecke fand ich die ersten Exemplare des gesuchten Steineralpen-Kohlröschens, die aber bereits die Hochblüte überschritten hatten. Damit hatte ich jedoch gerechnet und wollte daher noch einige Höhenmeter weitergehen. Immer wieder fanden sich daraufhin Pflanzen einzeln oder in kleinen Gruppen – oftmals auch in viel besserem Zustand – und häufig begleitet von der Mücken-Händelwurz (Gymnadenia conopsea), der Weißzunge (Pseudorchis albida), der Fuchs-Fingerwurz (Dactylorhiza fuchsii) und dem Prächtigen Manns-Knabenkraut (Orchis mascula subsp. speciosa). Ab ca. 1.800 m wurde auch die Alpen-Zwergorchis (Chamorchis alpina) entlang der steinigen Wegränder häufiger. Ich erschrecke mich aber jedes Mal über die geringe Größe dieser typisch alpinen Orchideenart. Erst auf 1.920 m Höhe fand ich dann endlich die ebenfalls gesuchte Hybride zwischen dem Steineralpen-Kohlröschen und der Mücken-Händelwurz. Insgesamt war die Variabilität des Steineralpen-Kohlröschen enorm. Eine Unterscheidung in eine großblütige (Nigritella karawankarum) und eine kleinblütige Art (Nigritella lithopolitanica), wie es von einigen wenigen Botanikern gemacht wird, konnte ich hier nicht nachvollziehen.

 

Am Folgetag ging es für mich bereits weiter. Meine nächsten Wunschmotive lockten mich in die Steiermark. Während sich das Wetter deutlich verschlechterte, machte ich noch einen kurzen Zwischenstopp in der Nähe des Wildensteiner Wasserfalls, um mir ein paar blühende Müllers Stendelwurz (Epipactis muelleri) in den luftfeuchten Wäldern anzusehen. Auf dem anschließenden Weg in Richtung Totes Gebirge wählte ich die Fahrstrecke über den Sölkpass. Auf der Passhöhe angekommen, sah es bezüglich der Orchideen nicht sehr interessant aus. Erst bei der Abfahrt fand ich nahe der Straße dann eine Stelle mit intermediären Waldhyazinthen, die ich als Müllers Waldhayzinthe (Platanthera muelleri) notierte. Am späten Nachmittag bezog ich dann mein Quartier auf der wunderschönen Tauplitzalm. Bereits auf der Auffahrt über die Tauplitzalm-Mautstraße suchte ich in der Nähe der Straße Orchideen. Leider fanden sich keine Einblätter (Malaxis monophyllos) wie ich erhofft hatte, aber einige Grünliche Waldhyazinthen (Platanthera chlorantha) und Fliegen-Ragwurze (Ophrys insectifera) in Hochblüte fand ich bemerkenswert. Dort nicht ungewöhnliche Arten wie die Mücken-Händelwurz (Gymnadenia conopsea), Wohlriechende Händelwurz (Gymnadenia odoratissima), Fuchs-Fingerwurz (Dactylorhiza fuchsii) und Braunrote Stendelwurz (Epipactis atrorubens) waren in großer Masse zu finden. Auch die Brand-Keuschorchis (Neotinea ustulata) fand sich auf 1.540 m Höhe vereinzelt aufblühend.


Erst am nächsten Tag lockerte das Wetter ein wenig auf und ich konnte zumindest auf den Lawinenstein wandern. Hier oben auf 1.965 m Höhe ist eines der bekannteren und größeren Vorkommen des sehr seltenen Erzherzog-Johann-Kohlröschen (Nigritella archiducis-joannis). Die Pflanzen stehen überall im Gipfelbereich vermischt mit dem Zweifarbigen Kohlröschen (Nigritella bicolor). Im teilweisen dichten Nebel und bei Nieselregen versuchte ich gute Bilder zu machen. Besonderes Highlight waren auch vier Exemplare der überall sehr seltenen Hybride zwischen der Grünen Hohlzunge (Coeloglossum viride) und der Fuchs-Fingerwurz. Während des Abstiegs fand ich noch eine Stelle, an der auch das Rote Kohlröschen (Nigritella miniata) und das Rhellicanus-Kohlröschen (Nigritella rhellicani) wuchsen. Damit konnte ich während meiner Reise insgesamt fünf Kohlröschen-Arten finden.

Für viele spannende und interessante Information im Vorfeld und während meiner Reise gilt Helga Viehböck, Jens Gießler, Günter Gailberger, Günther Zelzer und Wolfram Foelsche mein Dank.